Gewalt in der Partnerschaft Der Feind im Haus
Fußfesseln für Täter in Fällen von häuslicher Gewalt: Das ist der Plan von Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU). Wie groß das Problem ist und was Betroffene tun können, zeigt das Beispiel einer Beratungsstelle für häusliche Gewalt in Frankfurt.
Sie passiert hinter verschlossenen Türen und oft ohne, dass Betroffene sie melden würden: häusliche Gewalt. Dazu zählt körperliche, aber auch psychische Gewalt, sagt Claudia Teuchmann von der Beratungsstelle Frauen helfen Frauen: "In die Enge treiben, die Männer hatten die Frauen schon am Hals gepackt, beleidigen, bedrohen mit dem Tod, mit der Wegnahme der Kinder – diese Form der Gewalt gibt es sehr, sehr häufig." Es kämen auch Frauen in die Beratungsstelle, die jahrelang massivere Gewalt erlebten und die sich noch nicht getraut hätten, die Männer anzuzeigen.
Teuchmann weiß: Opfer gibt es in allen Altersgruppen, am häufigsten zwischen 30 und 50. Und: in allen gesellschaftlichen Schichten. Etwa ein Drittel der Opfer sei sehr gut situiert. Der Anteil an männlichen Tätern überwiegt dabei deutlich, zeigt die aktuelle polizeiliche Kriminalstatistik: 81 Prozent der Tatverdächtigen sind männlich, der Rest weiblich.
Zahl der Fälle steigt stetig
Die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt steigt seit über zehn Jahren stetig. Teilweise gebe es hohe Aggressivität, so Claudia Teuchmann: "Es ist oft ein Messer im Spiel, das Frauen in den Bauch gestochen bekommen. Oft auch wirklich würgen, dass die Frauen in Todesangst sind. Rippenbrüche gibt es häufig, blaue Augen natürlich, auch an der Wange, Brüche im Gesicht, das sind alles Dinge, die bei Gewaltanwendungen häufig vorkommen. Weil die Frauen dann oft auf dem Boden liegen, weiter getreten werden, auf den Kopf getreten werden, in den Bauch getreten werden, solche Dinge."
Im Jahr 2022 wurden von der Kriminalpolizei 11.475 Fälle von häuslicher Gewalt in Hessen erfasst. Im Vorjahr waren es noch 1.000 Fälle weniger. Das bedeutet einen Anstieg von über zehn Prozent innerhalb eines Jahres. Oft gibt es Minderjährige im Haushalt. Zwar liegt die Aufklärungsquote laut Polizei bei fast 100 Prozent, von einer großen Dunkelziffer jedoch sei auszugehen, heißt es in der Kriminalstatistik.
Oft seit Jahren in die Beziehung verstrickt
Die Polizei betont, dass Einsatzkräfte regelmäßig für das Thema weitergebildet werden: "Die hessische Polizei legt großen Wert auf eine kontinuierliche Sensibilisierung aller Einsatzkräfte, welche mit dem Bereich 'Häuslicher Gewalt' in Berührung kommen können. Die Vermittlung von entsprechendem Fachwissen findet hierbei bereits während des Studiums statt und legt somit sehr gute Grundlagen für ein professionelles Handeln im täglichen Dienst."
Beraterin Claudia Teuchmann von der Beratungsstelle für Frauen erklärt, dass Opfer von häuslicher Gewalt oft seit Jahren in ihrer Beziehung verstrickt seien. Viele Frauen übernähmen die Verantwortung für die Gewalt, die sie selbst erfahren. Ihr sei wichtig, "dass Frauen hier nicht nur herkommen können, wenn sie massive Gewalt erleben oder wenn sie sich sofort trennen möchten. Wir sehen uns als Begleiterinnen für Frauen, die sich in diesem Prozess befinden und noch nicht wissen, wie sie weiterkommen sollen."
Beratungsstellen unterstützen bei der Trennung
Viele Opfer seien darüber hinaus sozial isoliert, sagt Teuchmann. Sie hätten kein eigenes Einkommen, Angst um die Kinder, Angst vor dem Mann oder kennen ihre Rechte nicht. Das schwierigste Thema sei die Trennung, sagt sie. Sie zähle zur gefährlichsten Situation in einer gewaltvollen Beziehung. Hierbei könnten Beratungsstellen unterstützen. "Wir empfehlen immer, diese Gespräche im Außenraum, zum Beispiel in irgendeinem Café zu führen, damit die Frauen schnell Hilfe suchen können, oder jemanden darüber zu informieren oder sogar eine dritte Person dabei zu haben." Die Beraterinnen bereiten die Frauen dann vor: Sie sollen Akten zusammensuchen, Kopien von allem machen, irgendwo einen Koffer verstecken. "Damit sie schnell verschwinden können, aber alles dabei haben", sagt Teichmann.
Die Polizei wiederum kann Platzverweise aussprechen, die Kontaktaufnahme verbieten oder etwa auch Opfer in Hilfeeinrichtungen bringen. In Notsituationen gilt nach wie vor: Die Polizei anrufen - 110.
Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 25.5.2023, 6 bis 12 Uhr