Trialog-Workshop an deutschen Schulen soll helfen, den Konflikt besser zu verstehen Umgang mit dem Nahost-Konflikt
Der Nahostkonflikt ist längst auch an deutschen Schulen angekommen. Doch dort fehlen oft die Kapazitäten oder das Wissen, um sich angemessen mit dem Thema zu befassen. Diese Lücke wollen die Deutsch-Palästinenserin Joanna Houssan und der Deutsch-Israeli Shai Hoffmann mit ihren sogenannten Trialog-Workshops füllen.
Seit dem 7.Oktober werden Joanna Houssan und Shai Hoffmann mit Anfragen von Schulen in ganz Deutschland überflutet. Die Offenbacher Marienschule ist eine davon – eine Mädchenschule. Die große Frage, die über jedem Workshop steht: was macht der Nahost-Konflikt mit den Jugendlichen? Die Mädchen an der Schule in Offenbach sind verwirrt, traurig und schockiert. Auf TikTok sehen sie grausame Bilder von toten Kindern in Gaza.
Das Wichtigste ist das Zuhören
Hintergrundwissen fehlt den meisten. Viele haben beispielsweise nichts von dem brutalen Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten gehört, wissen zum Teil gar nicht was die Hamas ist. Joanna Hassoun und Shai Hoffmann geben einen kurzen Überblick über die komplexe Geschichte, stellen hier und da Dinge richtig.
Doch im Zentrum steht nicht die Informationsvermittlung, sagt Jouanna Hassoun: “Unser Konzept ist in erster Linie, dass wir zuhören, dass wir sie ernst nehmen, dass wir ihnen, ihren Gefühlen und ihren Emotionen Raum geben. Denn diese sind ja da, und wenn wir sie nicht auffangen, hier in diesem Schulkontext, dann überlassen wir sie den Hetzern, wir überlassen sie Social Media oder der Straße. Die Botschaft ist auch, Kontroversen auszuhalten.“
Und um die kommt man aktuell nicht herum. Warum in Deutschland Israelflaggen an den Rathäusern hängen, während Pro-Palästina-Demos verboten worden sind, fragt ein Mädchen. Ein anderes erzählt, dass ihr Lehrer eine Diskussion abgebrochen habe, als sie ihre Meinung zum Konflikt sagen wollte. Jouanna Hassoun und Shai Hoffmann hören solche Geschichten immer wieder - grade von muslimischen Jugendlichen.
Jeder kann und darf fragen, was er will
Auf TikTok, dem wichtigsten Medium der Jugendlichen, ist die Diskussionskultur im Moment ziemlich vergiftet, erzählt eine 15-Jährige: “Da gibt’s auch viel Hate, weil jeder eine andere Meinung hat.“ Deswegen sei es so schwer auf Social Media zu wissen, was richtig und was falsch ist. Mit Shai Hoffmann und Jouanna Hassoun fühlt es sich für sie viel besser an. Hier könne jeder offen sagen, was er denkt.
Dabei könnte man gerade bei den beiden gut verstehen, wenn sie wütend auf unreflektierte Äußerungen zu dem Konflikt reagieren. Shai Hoffmanns Familie lebt in Israel, Jouanna Hassoun ist in einem libanesischen Flüchtlingscamp geboren und bangt um Freunde in Gaza. Sie sind ganz nah dran. Die Schülerinnen beeindruckt es, die beiden zusammen zu sehen.
Die Politik muss umdenken, sagt Shai Hoffmann
Eine dauerhafte Förderung für die Workshops gibt es nicht – wie bei vielen ähnlichen Projekten. Den Workshop in Offenbach finanziert die Landeszentrale für politische Bildung. Der Deutsch-Israeli Shai Hoffmann hofft, dass die Politik hier schnell umdenkt.
Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 12.11.2023, 6 bis 9 Uhr
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