Lützerath & Co. Über Sinn und Unsinn der Braunkohlenutzung
Lützerath könnte ein Präzedenzfall für die deutsche Klimapolitik und die Frage werden, was künftig wichtiger ist: wirtschaftliche Interessen oder Klimaschutz. Das wird deutlich, wenn man sich die Vor- und Nachteile des Braunkohleabbaus anschaut.
Braunkohle abbauen - das hat in Deutschland Tradition. Die Wurzeln reichen mindestens bis ins Jahr 1698 zurück und womöglich auch noch weiter in die Vergangenheit. Seit Jahrhunderten also haben wir uns an Braunkohle gewöhnt. Braunkohle ist der einzige fossile Energieträger, der bei uns in Deutschland vorkommt.
In deutschen Böden liegt die drittgrößte wirtschaftlich förderfähige Braunkohlereserve der Welt. Nach Russland und Australien. Sie könnte, bei konstanter Förderung, vor allem unseren Strombedarf noch für fast 200 Jahre sichern. Kein Wunder, dass Braunkohle durchaus noch als "unverzichtbarer Bestandteil einer sicheren und preiswerten Stromerzeugung" gilt, wie der Bundesverband Braukohle schreibt. Das Objekt seiner Zuneigung liefert rund 20 Prozent der deutschen Stromversorgung. Es gilt als sicher verfügbar und ist importunabhängig.
Deutschland ist Weltmeister
Vor diesem Hintergrund entstand in Deutschland eine beachtliche Braunkohle-Industrie mit rund 54.000 Stellen. Deutschland nimmt eine Spitzenposition im Braunkohleabbau ein, vor China und der Türkei. Doch vor dem Hintergrund der Klimaforschung sollte es so nicht weitergehen. Denn Braunkohle hat auch eine dunkle Seite.
Vor allem ist Braunkohle besonders klimaschädlich. Pro erzeugte Kilowattstunde wird bei der Braunkohleverbrennung mehr Kohlendioxid frei als bei jedem anderen Energieträger . Drei- bis viermal so hoch seien die CO-Emissionen eines Braunkohlekraftwerks im Vergleich zu einem modernen Gaskraftwerk.
Deutschland gilt dabei auch als der Weltmeister der Braunkohleverbrennung. Wieder vor China und vor Russland. Beim Verbrennen gelangen neben CO2 auch Schadstoffe in die Luft – Stickoxide, Schwefeldioxid, Feinstaub, Quecksilber. Das kann die Atemwege schädigen oder zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Langfristige Schäden
Hinzu kommt, dass der Braunkohletagebau massiv Landschaften und Ortschaften zerstört. So fielen ihm etwa, vor Lützerath, schon über 300 andere Ortschaften zum Opfer. Und ganz so billig wie oft gesagt, ist die Braunkohle auch nicht, so die Umweltstiftung WWF. Allein die öffentlichen Förderungen reichten bis in den dreistelligen Milliarden-Euro-Bereich. Folgekosten etwa nicht mitgerechnet.
Die Bilanz: Der Braunkohlesektor ist ein wichtiger Arbeitgeber und er kann uns zum Beispiel dabei helfen, die Auswirkungen der Energiekrise abzupuffern. Dafür sollen ja fünf Braunkohlekraftwerke länger am Netz bleiben. Hier Alternativen zu schaffen, würde zumindest kurzfristige Kraftanstrengungen bedeuten. Dafür allerdings sind die Schäden langfristig, wenn man das nicht zumindest versucht.
Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 12.1.2023, 6 bis 9 Uhr
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