Ukrainische Flüchtlinge in Hessen Gekommen, um zu bleiben
Familie Shaulskii aus Kiew gehörte zu den ersten Flüchtlingen, die aus der Ukraine nach Hessen kamen. Vater, Mutter, zwei Teenager und ein drei Monate altes Baby. Als sie kurz nach Kriegsausbruch am polnischen Bahnhof Przemyśl stranden, wissen sie nicht wohin. Eine fremde Frau hilft ihnen und so landen sie in Marburg. Wie geht es der Familie ein Jahr nach ihrer Flucht?
An guten Tagen packt Yurii seine Gitarre aus und dann singen er und seine Frau Olena mit den beiden großen Kindern Sviatoslav und Viktoriia alte ukrainische Volkslieder. Baby Jana macht auch mit und quiekt vergnügt.
Mittlerweile wohnen die Shaulskiis in einem älteren Haus in Marburg-Wehrda, die großen Kinder gehen vormittags in die Integrationsklassen zum Deutschlernen. Baby Jana ist seit kurzem für ein paar Stunden am Tag in einer Krippe und Olena kann endlich, so wie Yurii, Deutschkurse besuchen. Ihr Mann hat schon ein wenig die Sprache gelernt: "Hallo, ich heiße Yurii, ich spreche ein bisschen Deutsch“, sagt er und schmunzelt.
Arbeit als integratives und sinnstiftendes Moment
Yurii ist Anfang 50 und hat seit Ende des letzten Jahres einen Minijob bei der Sparkasse Marburg-Biedenkopf. In der Zentrale in Marburg berät er ukrainische Kunden. Für die Personalverantwortliche Michaela Weiser ist Yurii eine große Unterstützung: "Der macht das in Verbindung mit einem Betreuer und macht Kontoeröffnungen. Wenn er der deutschen Sprache mächtiger wird, dann könnte man sich schon vorstellen, auch einen Ausbildungsplatz als Bankkaufmann anzubieten.“
Ob er das möchte? In Kiew hat Yurii die Kulturbehörde für die Region Kiew geleitet, seine Frau Olena ist gelernte Sozialpädagogin. Sie erzählt, was für sie hier im ruhigen Marburger Stadtteil Wehrda am komischsten ist: "Wenn wir rausgegangen sind, waren auf der Straße immer sehr wenig Leute und das hat mich immer ein bisschen verunsichert. Aber wenn ich das irgendwie brauche, also viele Menschen um mich herum, dann nehme ich die ganze Familie und gehe in den Supermarkt, wo ganz viele Menschen sind und wir gehen durch den Supermarkt spazieren."
Besser als in der Ukraine
Auch wenn die Familie viel Sehnsucht nach ihrer alten Heimat Kiew empfindet, ist Yurii zutiefst dankbar, dass er und seine Familie hier so gut untergekommen sind und unterstützt werden: "Ich sehe das so, dass das noch der Anfang des Weges ist. Ich will es schaffen, hier auch zu arbeiten, weil ich finde, dass Arbeiten auch ein großer integrativer Schritt ist - und das gibt einem ein sehr gutes emotionales und geistiges Gefühl.“
Familie Shaulskii ist gekommen, um zu bleiben. Das sehen auch die beiden großen Kinder Viktoriia und Sviatoslav so: "Uns gefällt es hier. Wir finden die Busse ganz toll und auch die Schule. Es gefällt uns auch, Deutsch zu lernen, obwohl es schwierig ist – aber im Großen und Ganzen würden wir sagen, dass es uns gefällt. Uns gefallen auch die Menschen hier, hier ist es besser als in der Ukraine."
Baby Jana wird sich an ihren Geburtsort Kiew und an ihr Heimatland wahrscheinlich gar nicht mehr erinnern können. Sie wird komplett in Hessen aufwachsen und hoffentlich ihr Glück finden – so wie die ganze Familie Shaulskii.
Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 23.2.23, 6 bis 9 Uhr
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