Deutsche Automobilindustrie im Wandel Wie sichern sich deutsche Autobauer Rohstoffe für ihre E-Autos?
Die Autoindustrie befindet sich in einem fundamentalen Wandel: Aus Verbrennern werden Elektroautos. Einige Rohstoffe werden in Zukunft eine deutlich wichtigere Rolle spielen - häufig kommen sie aus Afrika oder Südamerika. Auch deutsche Autobauer versuchen, sich Zugang zu diesen Rohstoffen zu sichern.
"Katode, Anode, Elektrolyt – alles beginnt mit Rohmaterialien, Abbau und Verarbeitung. Diese Industrie gibt es in der Größenordnung noch gar nicht." Das sagt Jörg Teichmann, Leiter Einkauf bei der Volkswagen Batterie-Tochter PowerCO, über die Herausforderungen, vor der das Unternehmen steht. Volkswagen beziehungsweise PowerCo baut in Salzgitter eine eigene Batteriefabrik. Perspektivisch will der Konzern alleine in Europa sieben dieser Fabriken betreiben.
Für Batterien oder Elektromotoren werden ganz andere Rohstoffe benötigt als für klassische Autos mit Benzin oder Dieselmotoren. Eric Heyman, Auto- und Rohstoffexperte bei der Deutschen Bank, sieht deswegen perspektivisch eine steigende Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen: "Das gilt für Kupfer, für Kobalt, für Lithium, für Graphit und andere Rohstoffe. All diese Materialien werden eine größere Rolle in Elektroautos spielen. Und da wird global die Nachfrage steigen."
"Früher an Rohstoffe kommen"
Noch erkennt Heymann keinen akuten Mangel. Aber wenn immer mehr Elektroautos produziert werden und gleichzeitig für Windräder, Batteriespeicher und Solaranlagen ähnliche Rohstoffe benötigt werden, könnte es in Zukunft eng werden. Was können die Unternehmen da tun? Heymann sagt, die Hersteller müssten die gesamte Wertschöpfungskette betrachten. Von der Mine bis zu den Zulieferern: "Und eine Möglichkeit für die Autoindustrie könnte natürlich sein, auf dieser Wertschöpfungskette weiter hochzurutschen. Also früher zu versuchen an entsprechende Materialien, Rohstoffe, Batterien oder Elektromotoren zu kommen."
Und genau das machen die Konzerne. Wie zum Beispiel VW mit seiner Zellfabrik in Salzgitter. Selbst die Batterien entwickeln und bauen statt sie etwa von asiatischen Zulieferern kaufen. Die "vertikale Integration der Lieferkette" heißt sowas dann im Fachjargon. Auch der Opelmutterkonzern Stellantis versucht, Vorprodukte selbst zu produzieren. Oder über Kooperationen den Zugriff auf Materialen und Rohstoffe zu sichern. "Ein Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit Vulcan Energy, einem Unternehmen, an dem wir uns mittlerweile auch beteiligt haben", sagt der Sprecher von Stellantis Deutschland, Nico Schmidt. "Vulcan Energy produziert im Oberrheingraben geothermische Energie und Lithiumhydroxid ohne fossile Brennstoffe und somit eben auch ohne Kohlenstoffemissionen."
Mehr Unabhängigkeit von chinesischer Dominanz
Das so gewonnene Lithium kann dann etwa für die Batterieproduktion eingesetzt werden. Opel will bis 2028 in Europa rein elektrisch werden. Und dafür sollen die Batterien auch möglichst selbst gebaut werden. "So bauen wir an unserem Standort in Kaiserslautern eine echte Gigagfactory für Batteriezellen auf, um uns unabhängiger von Lieferanten aus Asien aufzustellen. Die Produktion in Kaiserslautern wird 2025 starten."
Kooperationen, Lieferabkommen, eigene Produktionsanlagen: Damit wollen sich die Autohersteller die Versorgung in Zukunft sichern. Doch auch die Politik sei gefragt, sagt Deutsche Bank-Experte Eric Heymann: "Deutschland und die EU sollten mit Ländern, die über Rohstoffvorkommen verfügen, auch Abkommen abschließen, langfristige Lieferverträge, vielleicht auch dort schon direkt die erste Verarbeitung solcher Metalle vorantreiben." So entstünden Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort. "Und man reduziert auch die Abhängigkeit von China." Gerade bei den ersten Zwischenprodukten auf dem Weg zum Elektroauto sei China derzeit weltweit dominant.
Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 11.1.2022, 6 bis 9 Uhr
Ende der weiteren Informationen