Plagiarius: Preis für dreiste Kopien "Ein kriminelles Milliardengeschäft"
Elektrogeräte, Kleider oder Wohnaccessoires: Es gibt nichts, was nicht gefälscht und verkauft wird. Für die dreistesten Fälschungen wurde an diesem Freitag der Negativpreis "Plagiarius" vergeben. Unter den Top 3 ist auch die Nachbildung eines Produkts, das aus Hessen stammt.
Stephan Koziol hat drei Kunststoffbecher vor sich aufgestellt – blau, orange und durchsichtig. Echt ist nur einer von ihnen: "Zum Glück können wir es noch unterscheiden, die Endverbraucher aber nicht. Der glasklare ist das Original und die beiden farbigen sind die Kopien", sagt Koziol. Er ist Leiter des gleichnamigen Unternehmens, das Designartikel und Wohnaccessoires herstellt.
Das gefälschte Glas hat bei der Verleihung des Plagiarius den zweiten Platz belegt. Der Hersteller der Plagiate sitzt in der Türkei. Den Auftrag für die Fälschung, sagt Stephan Koziol, habe einer seiner eigenen Kunden gegeben: "Bei dem Glas war das konkret so, dass das ein Händler ist, den wir selbst beliefert haben, der eineinhalb Jahre bei uns das Original gekauft hat und sich dann die Kopie hat machen lassen, nachdem er wusste, wie viel er braucht."
Gefälschte Klobürsten, Bestecke oder Salzstreuer
Stephan Koziol hat schon lange aufgehört zu zählen, wie oft die Produkte von Koziol aus dem hessischen Odenwald kopiert worden sind, wie oft die Plagiatoren schon den Negativpreis Plagiarius für gefälschte Koziol- Bürsten, Bestecke oder Salzstreuer bekommen haben. Er nimmt es mit Humor: "Wenn unsere Produkte nicht mehr gefälscht würden, hätten wir was falsch gemacht." Der wirtschaftliche Schaden sei aber enorm. Die Europäische Union geht davon aus, dass fast sechs Prozent aller in die EU importierten Waren gefälscht sind. Die meisten kommen aus China.
Den dritten Platz beim Plagiarius belegt in diesem Jahr ein Unternehmen aus der Region Stuttgart: Es hat ein technisch anspruchsvolles Diagnose-Werkzeug von Mercedes Benz nachgebaut. Mit dem Gerät werden die Hightech-Autos repariert und gewartet, sagt Christine Lacroix von der Aktion Plagiarius, die den Negativ-Preis verleiht: "Es wird oft als Kavaliersdelikt angesehen, dabei ist es ein kriminelles Milliardengeschäft."
Betrugsarten werden vielfältiger und schlimmer
Weltweit summiert sich der Handel mit Fälschungen nach EU- und OECD-Schätzungen auf jährlich über 400 Milliarden Euro – oder 2,5 Prozent des gesamten Welthandels. Immer mehr laufe über Online-Plattformen, über Messangerdienste oder Social Media, sagt Christine Lacroix: "Es wird digitaler. Es sind nicht nur Plagiate oder Markenfälschungen, sondern es ist auch Identitätsdiebstahl dabei, es sind Fake-Shops, die vermeintliche Waren anbieten, erst kassieren und dann nichts liefern. Die Betrugsarten werden vielfältiger und schlimmer und das bedeutet auch mehr Aufwand für die Originalhersteller."
Sie bekommen oft nur durch Zufall mit, dass sie Opfer von Fälschern geworden sind. So wie Jörg Höltje mit seinem Hamburger Unternehmen Studio Hausen. Ein Freund habe ihn darauf hingewiesen, dass ein deutscher Onlinehändler eine Kopie eines seiner Regale verkaufe. Dafür gab es dann auch den ersten Platz beim diesjährigen Plagiarius. Jörg Höltje hatte sogar Kontakt zu dem Onlinehändler: "Sie haben sich entschuldigt, das muss man sagen. Sie meinten, sie haben das nur so von der Stange gekauft, von einem chinesischen Zulieferer. Sie haben gar nicht darüber nachgedacht."
Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 3.2.2023, 12 bis 15 Uhr
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