Catcalling Wenn Anmache mehr als nervig ist

Ein anzüglicher Blick, ein Pfiff, ein vulgärer Spruch oder obszöne Gesten: All das ist Catcalling. Eine Form sexueller Belästigung, die in Deutschland - anders als etwa in Spanien - kein Straftatbestand ist. Und häufig noch verharmlost wird.

Kreide-Aufschrift auf einer Straße: "Schützenfest. Der Mitarbeiter sagte zu mir: Geile, fette Titten hast Du"
"Ankreidung" der Gruppe Catcalls of Hannover Bild © Instagram/Catcallsofhannover
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"Ein Bauarbeiter pfiff mir hinterher und sagte 'Kätzchen hier, Kätzchen!'" Das ist Catcalling in seiner reinsten Form. Das Phänomen ist nämlich nach dem Rufen nach einer Katze benannt. Dabei benennt es ein sehr viel ernstes Problem: Catcalling ist die verbale Belästigung von Fremden, eine Belästigung, die sexuell konnotiert ist. Meistens trifft es dabei Frauen. Es fängt mit aufdringlichen Blicken an, kann von Hinterherpfeifen begleitet sein oder von Anmachsprüchen, wenn man das so nennen will.

Ein paar Beispiele aus dem Alltag von Frauen (Achtung, es wird derb):
"Ich bin letzte Woche am Rhein spazieren gegangen, als ein Mann mir entgegenkam und mich anpfiff. Als ich nicht reagierte, machte er ein ekelhaftes Schmatzgeräusch und sagte: 'Ey Mädchen dich ficke ich auch noch.'"
"Ich dummes Weib solle meine freche Klappe halten."
"Ziehe dich aus oder geiler Arsch."
"Sie haben mir hinterhergerufen und hinterhergepfiffen: 'Du dumme Fotze. München ist klein, ich werde dich schon finden.'"
"Er hat mich dann gefragt, ob ich mit ihm auf seiner Rückbank ficken will."
"Es fängt an bei so Sachen - Auto fährt an mir vorbei, hupt. Oder auch dieses: 'Ey Schnecke' aus dem Fenster rufen."
"Vor allem auch Blicke, so von oben nach unten, vor allem auch mal im Sommer oder so."
"Ich kennn keine von meinen Freundinnen, denen das noch nicht passiert ist. Und ich finde, das ist oft so ein Ding: 'Ja, ist doch nur ein Spruch, ist doch witzig gemeint und sieh es doch als Kompliment.' Und so fühlt es sich halt nicht an."

Kampf gegen Enttabuisierung

Das alles ist Catcalling und in Deutschland kein Straftatbestand - beziehungsweise nur dann, wenn es den Tatbestand der Beleidigung erfüllt. Das kann so nicht bleiben, fand die Fuldaer Studentin Antonia Quell im Jahr 2020 und startete eine Petition, um Catcalling in Deutschland unter Strafe zu stellen. "Viele kennen das Wort Catcalling nicht oder können das nicht genau benennen, was ihnen da auf der Straße passiert", sagt sie. Das zeige, dass das für uns eine Selbstverständlichkeit sei, über die wir nicht sprächen. Und das sei falsch. "Das ist noch ein viel größeres Ziel von mir, dass das enttabuisiert wird und dass es nicht dumm ist, nicht kindisch, nicht überemotional, nicht sehr sensibel ist, wenn Frauen sich gegen so etwas wehren."

Fast 70.000 Unterschriften bekam Antonia Quell zusammen, trotzdem lief die Petition ins Leere. Verboten ist Catcalling also immer noch nicht, aber die Diskussion darüber hat begonnen.

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Sendung: hr-iNFO "Der Tag", 29.3.2023, 19:05 Uhr

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Quelle: hr INFO