Streitgespräch: Echt jetzt? Überzeug mich in 18 Minuten m/w/d – Geschlecht selbst bestimmen oder nicht
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: In Deutschland ist es zu schwer, den Geschlechtseintrag zu ändern. Ein neues Selbstbestimmungsgesetz soll da abhelfen. "Echt jetzt?"-Host Oliver Günther findet das gut. Journalistin und EMMA-Redakteurin Chantal Louis hält dagegen: Es müsse erst sorgfältig geschaut werden, warum Jugendliche ihren eigenen Körper wirklich ablehnen. Das verhindere das neue Gesetz aber.
Männlich, weiblich oder divers? Das Geschlecht selbst bestimmen oder ändern, einfach auf dem Standesamt. Das will die Bundesregierung mit dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz ermöglichen. Ein Schritt zur freien Entfaltung der Persönlichkeit? Oder eine vorschnelle und riskante Weichenstellung im Leben junger Menschen? Darum geht es um aktuellen „Echt jetzt? Überzeug mich in 18 Minuten.
Das geplante Selbstbestimmungsgesetz soll das alte Transsexuellengesetz ablösen. Dieses mehr als 40 Jahre alte Gesetz hat das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahren in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt. Weil die Hürden zur Änderung des Geschlechtseintrags unzumutbar hoch seien. So schreibt das Transsexuellengesetz beispielsweise massive körperliche Eingriffe vor, bevor das Geschlecht offiziell gewechselt werden kann.
Damit soll künftig Schluss sein. Wer sein Geschlechtsidentität wechseln will, soll das per Auskunft beim Standesamt erledigen können. Grundsätzlich gilt das auch für Jugendliche, allerdings müssen in der Regel die Eltern zustimmen.
Freie Entfaltung oder sorgfältige Abwägung?
„Echt jetzt?“ Host Oliver Günther findet das einen sinnvollen Schritt: „Wenn Menschen – auch Jugendliche – unter ihrem Geschlechtsidentität leiden, finde ich es nachvollziehbar, wenn sie ihren Geschlechtseintrag wechseln können - ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Das gehört zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit dazu.“
Die Journalistin und EMMA-Redakteurin Chantal Louis lehnt das Selbstbestimmungsgesetz dagegen ab und hält es für ein unkalkulierbares Risiko: „Ich bin gegen das Selbstbestimmungsgesetz, weil die Ablehnung des eigenen Körpers gerade bei Jugendlichen vielfältige Ursachen hat, nach denen sorgfältig geschaut werden muss – und das Gesetz das verhindert.“
In "Echt jetzt? Überzeug mich in 18 Minuten!" treffen die beiden aufeinander.
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Sendung: hr-iNFO "Echt jetzt?", 15.12.2022, 21:00 Uhr
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8 Kommentare
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@Andrea @Giordie - Die Verbindung zwischen Namensänderung und medizinischer Behandlung ist nicht wirklich haltbar. Der Prozess der Namens/Geschlechtsmarker Änderung ist derzeit so umständlich, dass meistens die Menschen bereits vollständig (teils schon seit mehreren Jahren) ihre medizinische transition durch haben und der Name das letzte ist, bei dem sie dann am Ende hängen bleiben (was auch der Grund ist warum das zu so viel Diskriminierung führt) - des weiteren gibt es trans personen die überhaupt keine medizinische transition wollen und auch für die die es machen sieht es sehr individuell aus was das bedeutet. Alles in allem heisst das für aussenstehende (die den betroffenen nicht kennen) ist es nicht wirklich möglich zu beurteilen was derjenige braucht oder nicht braucht.
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Es ist schon sehr verwunderliche wenn Menschen, in Zeiten von Klima und Umweltschutz sowie Naturverbundenheit, in die eigene Natur eigreifen wollen. Dass einem der eigene Vorname mal nicht zusagt und dieser geändert werden könnte ist dass eine, an sich aber einen Eingriff in die eigene Natur sprich Geschlecht zu machen ist schon Schizophren. Gerade in der Jugend ist man doch noch gar nicht in der Lage die Folgen einer Geschlechtsumwandlung oder des chemischen Stopps der Pubertät abzusehen.
Wenn die Vagina oder der Penis mal weg sind dann wars das. Späterer Kinderwunsch bleibt dann nur noch ein Wunsch. Haben sich die Leute die so ein Selbstbestimmungsgesetz wollen mal daran gedacht was es für Spätfolgen mit sich ziehen könnte? Die Profiteure des neuen Gesetzes werden nicht die Menschen sein welche es Nutzen sondern die Pharma-Industrie, Psychiater/innen und Plastische Chirurgen welche dann die Spätfolgen behandeln.
Was ist mit den Kosten dann für die Solidargemeinschaft? -
Bin voll und ganz für das Gesetz. Der aktuelle weg seinen Namen + Geschlechtseintrag ändern zu lassen ist viel zu kompliziert und für viele die ohnehin schon schwere body dysmorphia haben nochmal zusätzlicher psychischer Stress der so nicht sein muss. Wenn man mal bedenkst, wieviel man allein schon beim Therapeuten Zahlen muss als Trans Person, nur um sich von der Außenwelt bestätigen zu lassen wie man sich selber in seinem eigenem Körper fühlt, stellen sich mir die Fragezeichen auf. Das selbe für den Personalausweis. Für viele is es eine richtige Belastung das da noch ihr Deadname steht, anstellenden ihres richtigen Namen.
Ich bin selber Genderfluid/Non-binary und werde definitiv zum Amt gehen sobald das Gesetz in Kraft tritt.