Gegen den Fachkräftemangel Erzieherinnen aus Südamerika in hessischen Kitas
Verkürzte Öffnungszeiten, Notbetreuung, zu dünne Besetzung: In Hessen fehlt es in Kitas an ausgebildetem Personal. Deshalb greifen einige Einrichtungen jetzt auf Personal aus dem Ausland zurück: zum Beispiel in Hanau und Bad Homburg. Eine Win-Win-Situation, meinen die Verantwortlichen.
Lebendiges Gewusel in der Kita Leimenkaut. Kinder spielen, einige ziehen sich die Jacken an, wollen raus zum Spielen. Mittendrin die 25-jährige Allison Alarcon aus Peru. Geduldig macht sie den Kindern die Reißverschlüsse zu, redet mit ihnen. Seit Oktober arbeitet Allison in der Kita Leimenkaut. Und fühlt sich pudelwohl.
"Seit dem ersten Tag bin ich der Stadt Homburg, meinen Kolleginnen und Kollegen und meiner Löwengruppe sehr dankbar. Sie sind sehr toll mit mir und sehr nett. Und wenn ich Hilfe brauche mit etwas, sie helfen mir", sagt sie. Auch die Kinder hätten es ihr leicht gemacht, gerade am Anfang: "Zum Beispiel, wenn die kleinen Kinder etwas sagen möchten, was ich nicht verstehe. Die großen Kinder sind meine kleinen Übersetzer."
Agentur kümmert sich um Rekrutierung, sprachliche Ausbildung, Qualifikation
Allisan stammt aus Peru. Vor gut einem Jahr ist sie über eine Kollegin auf die Agentur TalentOrange gestoßen, die nach gut ausgebildeten Erzieherinnen in ihrem Heimatland sucht, um sie nach Deutschland zu vermitteln. "Die bewerben sich bei uns, dann machen wir ein Auswahlverfahren. Es besteht aus zwei, drei Interviews auch in Präsenz", erklärt Projektleiterin Leydi Sanchez. "Wir reisen in die Länder und lernen die persönlich kennen. Es gibt auch einen kleinen Lernfähigkeitstest, um voraussehen zu können, wie gut sie die Sprache auch wirklich lernen können. Das ist uns sehr wichtig, weil wir natürlich wollen, dass die in der Zeit erfolgreich die deutsche Sprache lernen. Wir wollen das Stipendium wirklich denjenigen geben, die es verdient haben."
Alison hat es geschafft. Hat in Peru monatelang in einem Intensiv-Sprachkurs Deutsch gelernt. Sechs Stunden Unterricht am Tag, plus Hausaufgaben. Dadurch konnte sie schon gut Deutsch, als sie im Oktober nach Bad Homburg kam. Auch um die Anerkennung ihres Pädagogik-Studiums als Erzieherin und die Job- und Wohnungssuche hat sich die Agentur gekümmert. "Alle Kosten, die wir vorstrecken für unsere Talente, stellen wir später unseren Auftraggebern, den Kommunen, in Rechnung", sagt TalentOrange Sprecherin Uta Rasche. "Das ist natürlich eine Leistung, die wir hier erbringen: die sprachliche Ausbildung, die Rekrutierung, die Qualifizierung."
Geben und Nehmen für beide Seiten
Die Kommunen zahlen ein halbes Jahresgehalt dafür, können dadurch aber wieder eine offene Erzieherstelle besetzen. Für die Kitas eine Win-Win-Situation, sagt Jutta Deußer-Kawohl, pädagogische Fachberaterin für die städtischen Kitas in Bad Homburg: "Personalmangel ist ja ein bundesweites Thema. Und für uns war es ein Baustein, dem entgegenzuwirken. Das sind wirklich ausgebildete Kräfte und die sind für die Kitas so bereichernd. Es ist so ein Geben und Nehmen für beide. Wir mögen es auch, wenn Mehrsprachigkeit in Kitas ist, Diversität ist auch wichtig."
Bad Homburg hat zwei Erzieherinnen aus Kolumbien und zwei aus Peru angestellt. Allison Alarcon ist eine von ihnen. Sie wurde sehr liebevoll aufgenommen, erzählt sie. Und auch die Kita Leimenkaut selbst profitiert von dem frischen Wind, den die Peruanerin ins Team bringt, findet ihre Kollegin Claudia Dragonetti aus der Löwengruppe: "Auch die Kinder freuen sich immer sehr, sie zu sehen. Wenn sie mal nicht da ist, fragen sie direkt nach: Wo ist die Allison? Also sie macht hier einen ganz ganz tollen Job und sie ist eine Bereicherung für uns, für die Kinder. Wir sind sehr glücklich, dass sie bei uns ist."
Bedingungen besser als in der Heimat
Allison wohnt gemeinsam mit einer anderen peruanischen Erzieherin in einer WG in Bad Homburg. Sie ist glücklich, in Deutschland zu sein, sagt sie. Die Bedingungen für Erzieherinnen seien hier besser als in Peru und noch mehr: "Ich liebe Deutschland, ich liebe die Gesellschaft hier. Die Sicherheit, die Ordnung, wie organisiert alles ist. Und als Frau ist das für mich besonders wichtig. In Peru die Situation für die Frauen ist kompliziert. Weil die Männer und die Gesellschaft ist ein bisschen, ich weiß nicht, wie das Wort ist in Deutsch. Machismus. Das ist ein großes Problem dort."
Im Mai will ihre Familie sie besuchen kommen. Allison freut sich schon, ihnen ihr neues Leben hier zu zeigen. Als Erzieherin in einer Kita in Bad Homburg.
Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 7.3.2023, 6 bis 9 Uhr
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