Pro & Contra: Fechenheimer Wald Soll die A66 ausgebaut werden?
Die hessische Polizei räumt die Protestlager im Fechenheimer Wald und macht den Weg frei für den A66-Ausbau. Kaum ein Bauprojekt ist so umstritten – gerade im Angesicht des Klimawandels. Unsere Autoren diskutieren, ob der Ausbau und die Rodung des Waldes eine gute Idee ist.
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Pro A66-Ausbau
Von Tobias Lübben
Wald statt Asphalt ist das Motto der Autobahngegner. Da bin ich dabei, wenn ich die Wahl habe. Denn wer kann gegen Wald sein? Wald ist gut, Wald tut gut. Der graue, harte Asphalt dagegen – ich mag ihn nicht. Aber ich brauche ihn zum Beispiel, wenn ich meine Eltern mit dem Auto besuche, weil es mit Bahn und Bus doppelt so lange dauert. Oder wenn ich mir etwas mit der Post schicken lasse, denn deren Transporter rollen über die Straße. Auch wenn ich im Supermarkt einkaufe, denn der wird mit dem Lkw beliefert. Und all diese Lkws und Pkws fahren ja auch, nur eben – im Frankfurter Osten – auf einer viel zu engen Straße, mitten durch ein Wohngebiet. Die Menschen leiden unter Lärm und Abgasen sowie der Unfallgefahr. Und das, weil seit Jahrzehnten eine winzige Lücke im Autobahnnetz einfach nicht geschlossen wird. Nur 230 Meter davon führen durch ein kleines Waldstück.
Ja, auch Wald brauchen wir. Das ist klar. Deshalb sind als Ausgleich 3,5 Hektar Wald in Frankfurt am Schwanheimer Ufer vor vier Jahren aufgeforstet worden. Das ist mehr als gerodet werden soll. Klar, das sind erst mal junge Bäume, nicht zu vergleichen mit den alten Eichen, die da fallen sollen. Aber wenn ich in zehn Jahren vielleicht durch den dann gerade eröffneten Riederwaldtunnel fahre, vielleicht mit einem E-Auto, dann sind die Jungbäume auch schon 14 Jahre alt. Stattliche Heranwachsende, die hoffentlich noch ein langes Baumleben vor sich haben. Ich denke, bei diesem Projekt ist die Bilanz positiv. Ein bisschen Asphalt, ja, aber weniger Lärm und Abgase und viel neuer Wald. Da bin ich dabei.
Contra A66-Ausbau
Von Frank Angermund
Wir stecken mitten im Klimawandel. Es geht meiner Meinung nach nicht, dass ein intakter Wald für eine Autobahn abgeholzt und die Fläche dann versiegelt wird, auch wenn das Waldstück nur vier Fußballfelder groß ist. Die Sommer in Frankfurt sind jetzt schon nicht mehr zu ertragen. Jeder Quadratmeter Grün zählt, und es nützt uns auch jetzt nichts, wenn dafür Ersatzwald aufgeforstet wird. Die jungen Bäume brauchen Jahrzehnte, bis sie zu einem vergleichbaren Wald herangewachsen sind. Diese Zeit haben wir nicht mehr. Und ja, es muss etwas unternommen werden, um die Anwohner im Frankfurter Osten von den Abgasen, dem Dreck und dem Lärm des extremen Verkehrsaufkommens zu entlasten. Aber meiner Meinung nach ist es der falsche Weg, eine Autobahn auszubauen. Das schafft nur ein weiteres Angebot, das Auto zu nutzen.
Meiner Meinung nach brauchen wir stattdessen den massiven Ausbau der Schiene. Dann kann ich mein Auto auf dem Parkplatz an der Autobahn abstellen und auf die Bahn umsteigen. Das entlastet von Lärm, Dreck und Abgasen. Die Politik hat sage und schreibe 50 Jahre gebraucht, um den Ausbau der A66 umzusetzen. Das nenne ich verkehrspolitisches Versagen. Und jetzt, wo der Klimawandel spürbar und sichtbar ist, soll ein Wald gerodet werden mit dem Argument: 'Wir haben Baurecht'. Sorry, aber muss die Situation heute nicht völlig anders bewertet werden als noch vor einigen Jahren? Ganz einfach, weil sich die klimatischen Gegebenheiten massiv geändert haben? Es gibt zwar das Baurecht, aber zählt das mehr als der Klimaschutz in diesen Zeiten? Ich finde nicht.
Sendung: hr-iNFO Aktuell, 18.01.2023, 9 bis 12 Uhr
Ihre Kommentare Sollte der Wald für den A66-Ausbau gerodet werden?
29 Kommentare
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"Meiner Meinung nach brauchen wir stattdessen den massiven Ausbau der Schiene." Oh, ja, das stimmt - nur was muss dafür gemacht werden? Gebaut. Wald gerodet werden.
Auch den Kommentar, es komme zu keiner Entlastung, bestätige ich hier nicht. Das haben andere Bauten deutlich gezeigt, das es zu einer Entlastung kommt. Man nehme nur mal den Ausbau der A661. Da hat auch jeder gesagt, das bringt nichts. Und jetzt sind Straßen, die früher verstopft waren, frei. -
Mehr Strassen = mehr Verkehr! Natürlich werden wesentlich mehr Fahrzeuge die A66 und die A661 befahren, wenn es ihnen leichter gemacht wird. Der Stau verlagert sich also einfach nur von der Hanauer Landstraße in den Tunnel. Für den Riederwald bedeutet das, dass der Stau nicht direkt vor der Haustür sondern 20m weiter an der Tunnelausfahrt und dem Autobahndreieck stinkt - von Entlastung kann also keine Rede sein. Für Enkheim und Fechenheim erst recht nicht: zusätzlich zum Fluglärm kommt jetzt noch mehr Verkehrslärm.
Es setzt ein völlig falsches Zeichen, weiterhin den Individualverkehr zu hofieren. Warum baut man statt des Tunnels nicht große P&R-Parkhäuser und verstärkt die Taktung der U4 und U7? Damit wäre allen wesentlich mehr geholfen.
Zum Naturschutz: was genau bringen mir in Enkheim, Fechenheim und Riederwald Bäume in Schwanheim??? Das hilft weder den Menschen noch dem Binnenklima vor Ort. -
Was leider wieder zu kurz kommt, ist die Betrachtung der offiziellen Verkehrsprognose der Autobahn AG.
Von "Entlastung" kann bei genauer Studie hier keine Rede sein!
Die geschätzten +60.000 KFZ über die A66 mehr pro Tag werden sich laut der Prognose im Frankfurter Stadtgebiet auf allen Einfallstraßen verteilen und hier zu mehr Staus führen. Das selbe gilt u.a. für die Zufahrtswege bei uns in Enkheim.
Insgesamt wird damit sicher nicht weniger Stau produziert, er wird maximal verlagert.
Unabhängig vom Umweltschutz ist daher das Projekt im Hinblick auf Steuerverschwendung und Sinnhaftigkeit zu hinterfragen.
Es findet aktuell auch keine öffentliche Diskussion über Alternativen statt.
Leider glauben wohl zu viele Bürger unreflektiert das Narrativ der "Entlastung". Schade, dass die Medienlandschaft hier nicht besser aufklärt.